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aus Gnade erwählt

Die fortlaufende Lesung folgt dem Standard-Bibelleseplan der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen.

 
Römer 9,6-13
 

Es besteht ein Unterschied zwischen einem geistlichen Verständnis von Gottes Wort und einem fleischlichen Verständnis. Es besteht ein Unterschied zwischen dem Empfang einer Verheißung und dem fleischlichen Versuch, diese selbst zu bewerkstelligen. Dieser Unterschied ist wichtig und grundlegend für unser geistliches Leben. Zunächst ein Bsp., was selbst im Bibeltext kommt: Abraham hatte insgesamt acht Söhne, nämlich zuerst Ismael von der Hagar, dann Isaak von der Sarah und schließlich (nach dem Tod von Sarah) Simran, Jokschan, Medan, Midian, Jischbak und Schuach. Allerdings allein auf Isaak liegt die Verheißung und nur seine Linie ist das Volk Israel, obwohl alle Söhne Abrahams waren. Die Geburt von Ismael hängt mit einem fleischlichen Versuch zusammen, die Verheißung selbst zu erlangen. Sarah spricht zu Abraham: “Siehe, der HERR hat mich verschlossen, dass ich nicht gebären kann. Geh doch zu meiner Magd, ob ich vielleicht durch sie zu einem Sohn komme. Und Abram gehorchte der Stimme Sarais.” (Gen 16,2) Weil es menschlich gesehen keine Möglichkeit gibt, wird versucht, dies auf eigene Weise zu erlangen. Es gibt bei uns auch solche fleischlichen Versuche. Gott gibt eine Verheißung, gibt ein Wort, aber weil sich nach menschlicher Perspektive nichts auftut, versuchen wir dies menschlich zu erreichen. Das wäre so, als wenn Gott dir verspricht, dass er dir bald ein Haus schenken wird, in dem du wohnen kannst. Nachdem sich aber einige Zeit nichts tut, nimmst du einen großen Kredit auf und kaufst dir selbst ein Haus. - Auf solchen fleischlichen Strategien liegt keine Verheißung.

Gottes Verheißung hat immer etwas mit seiner Gnadenwahl zu tun. Er erwählt uns nicht aufgrund unserer Werke oder wegen unser Gerechtigkeit, sondern er erwählt uns, weil er es will. Weil er es uns in seiner Gnade schenken will. Deshalb erwählt er auch den jüngeren Jakob anstelle seines älteren, tatkräftigen und erfolgreichen Bruders Esau.

Wie kann es sein, dass Gott Jakob liebt, aber Esau hasst? Ist das ein Widerspruch zu seiner Liebe? - Nein, es ist ein Ausdruck seiner Liebe. Gottes Wort ist nicht hinfällig geworden. So beginnt Paulus diesen Abschnitt. Und was Gott in seinem Wort sagt, das tut er. Indem er den einen vorzieht und den anderen zurücksetzt, handelt er in Liebe zu beiden. “Dem Hochmütigen stellt sich Gott entgegen, aber dem Demütigen gibt er Gnade.” (1. Petr 5). Liebt Gott den Hochmütigen etwa nicht? Oder liebt er die Pharisäer etwa nicht, weil Jesus sie scharf zurechtweist? - Doch. Natürlich liebt Gott alle Menschen. Aber sie erfahren sie auf andere, verborgene Weise. Sie brauchen seine Zurechtweisung und müssen erkennen, dass seine Liebe keinesfalls in ihrer vermeintlichen Gerechtigkeit begründet ist. Gerade indem Gott ihnen die Gnade entzieht, eröffnet er ihnen den Weg nach der echten Gnade zu fragen und zu suchen.

Auch das harte Wort Jesu über die Familie “Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, dazu auch sein eigenes Leben, der kann nicht mein Jünger sein.” (Lk. 14,26), muss in diesem Zusammenhang gesehen werden. Es geht allein um die Zurückweisung der familiären Ansprüche, wo diese ein Eigenrecht beanspruchen, was ihnen aber nicht mehr zukommt - denn in Christus sind alle Brüder und Schwestern. Unser Leben gehört zuallererst Jesus und niemandem sonst auf dieser Welt.

Gott ist ganz klar in seiner Entscheidung der Gnade. Er schenkt sie nicht dem Esau, sondern Jakob. Hat Gott Esau auf ewig verworfen? Ist die Zurechtweisung der Pharisäer ein ewiges Gesetz? Sind die Auseinandersetzungen mit der eigenen Familie von Dauer? - Nein: Auch die Nachkommen Esau werden gerettet werden, wenn sie die Erwählung Israels und damit die Erwählung ihres Messias Jesus anerkennen. Auch die Pharisäer werden gerettet, wenn sie die Erwählung Jesu anerkennen (der, der den heutigen Bibeltext geschrieben hat, ist ja einer von ihnen!). Auch die Familie wird ihren Platz in der Nachfolge Jesu einnehmen, wo sie Jesus als den einzigen Herrn anerkennen (so haben die Brüder Jesu seine Erwählung zunächst nicht anerkannt, aber nach seiner Auferstehung erscheint er seinen Brüdern, und Jakobus wird eine wichtige Stellung in der Jerusalemer Gemeinde einnehmen).

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