Die fortlaufende Lesung folgt dem Standard-Bibelleseplan der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen.
Römer 11,25-32
Paulus beschreibt es als Geheimnis, dass ganz Israel gerettet wird. Es gibt verschiedene Geheimnisse im Glauben (z.B. Eph 5,32 über die Ehe als Bild Christi und der Gemeinde). Ein Geheimnis ist hier die Einsicht in einen geistlichen Zusammenhang, den Gott nicht allen Menschen öffentlich zugänglich macht. Es ist also etwas Besonderes. Es ist wie eine Perle, die man besser verbirgt, damit sie nicht von den Menschen zertreten wird (vgl. Mt 7,6). Paulus weiß das und scheut sich trotzdem nicht, seine Erkenntnis weiterzugeben. Er ist sich bewusst, dass dort, wo man wahre Erkenntnis von Gott geschenkt bekommt und sie mit anderen Menschen teilt, es immer auch Widerstand geben wird. Und doch entschließt sich Paulus, dieses Geheimnis mit seinen Geschwistern in Rom zu teilen: Die Verstockung eines Teils Israels ist zeitlich begrenzt, damit die Heiden hinzukommen können, bevor schließlich ganz Israel gerettet werden soll.
Paulus teilt dieses Geheimnis, um seiner Zuhörer willen. "Damit ihr euch nicht selbst für klug haltet." - Bereits einige Verse vorher warnt Paulus vor der Überheblichkeit über die Gnade Gottes, die uns als Heiden zuteil geworden ist. Nun richtet Paulus unseren Blick auf den anderen, auf den, der aus unserer Perspektive ganz elend, verloren und von Gott verworfen scheint. So meinen z. B. Hiobs Freunde ganz genau zu wissen, was der Grund für Hiobs Leiden sei. Doch tatsächlich haben sie keine Ahnung. Gottes Geheimnisse, seine Barmherzigkeit und Güte ist weit größer als unser menschlicher Verstand. Deshalb hüte dich davor, nur auf das Offensichtliche zu blicken und ein vorschnelles Urteil über deinen Nächsten zu fällen. - So kann es sein, dass ein Bruder von Gott gerade durch ein tiefes Tal geführt wird, um ihn für einen wichtigen Dienst zu befähigen. Nach außen wirkt es aber, als hätte dein Bruder den Glauben verloren, weil er nur noch schlecht gelaunt ist und in der Gemeinde kaum mehr zu sehen ist. Woher willst du nun wissen, was Gott gerade an ihm tut? - Deshalb: Urteile nicht vorschnell, bete für deinen Nächsten und vertraue auf Gottes Plan, der deine Vorstellungskraft übersteigt.
Gottes Gabe und Berufung können ihn nicht gereuen. Im Ungehorsam und der damit verbundenen Verwerfung Israels erkennt Paulus die Treue Gottes. Gott bleibt Israel treu - auch wenn das inmitten dieser Realität noch verborgen bleibt. Obwohl sie um des Evangeliums willen Gottes Feinde sind, sind sie um seiner Verheißung und Berufung willen seine Geliebten. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich über alle erbarme. Gott will, dass alle Menschen seine rettende Barmherzigkeit erfahren.
Gebet: Großer Gott, öffne mir die Augen für das Geheimnis deines Willens. Schenke mir vertrauen auf deine Wege. Bewahre mich vor schnellem Urteil über andere Menschen. Mache mich fest in deiner Gnade und lass mich wachsen in der Erkenntnis deiner Liebe und Gerechtigkeit. Amen.
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