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Was ist mit Israel?

Die fortlaufende Lesung folgt dem Standard-Bibelleseplan der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen.

 
Römer 9,1-5
 

In den Kap. 9-11 des Römerbriefs, die in den nächsten Tagen folgen werden, geht es um die Frage: Welche Auswirkung hat die Gerechtigkeit aus dem Glauben auf die Erwählung Israels? Dass Paulus über diese Frage schreibt bedeutet Zweifaches, nämlich: 1. Das ist kein Nebenthema. Und 2. daran hängt etwas Grundsätzliches, was wir über den Gott Israels lernen sollen. Diese Frage kann nur gestellt werden, wenn die Gültigkeit des Alten Testaments, samt der Erwählung Israels, den Bundesschlüssen und Gesetzen, den Umkehrrufen der Propheten und aller Versprechen Gottes durch alle biblischen Bücher hindurch als gültig anerkannt sind. Mitunter wird heute in Kirche und Theologie die Frage diskutiert, ob Juden heute das Evangelium verkündigt werden soll oder ob das bereits Antijudaismus sei, weil man Juden so zur Aufgabe ihres Glaubens bewegen würde. In dieser Diskussion herrscht ein großes Missverständnis und eine große Unkenntnis der biblischen Schriften. Es seien an dieser Stelle nur wenige Dinge genannt: 1. Welcher Glaubensrichtung gehörte Jesus an? - Er war ein Jude. 2. Durch wen begann die Verkündigung des Evangeliums? - Durch Juden. 3. Wurde am Anfang die Frage diskutiert, ob Juden das Evangelium hören dürfen? - Nein. Vielmehr stand zur Debatte, ob Heiden das Evangelium hören dürfen (vgl. Apg 10f.). 4. Wer waren die meisten Autoren des Neuen Testaments? - Es waren Juden.

Der christliche Glaube ist keine Abschaffung oder die Ersetzung des jüdischen Glaubens. Die Aussage der Juden, die das Evangelium verkündigten und das Neue Testament schrieben, ist vielmehr: Jesus Christus ist das Ziel des jüdischen Glaubens. Auch geht es nicht um die Frage, ob wir das Alte oder das Neue Testament mehr mögen, sondern darum Gottes Handeln in der Geschichte durch die Zeit hindurch anzuerkennen, welche ihr Ziel in Jesus Christus hat.

Weil das so ist, deshalb bereitet der Zustand des Volkes Israel dem Paulus eine solch große Not, ja “eine große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen” (V. 1). Er hat so eine große Liebe zu seinem Volk, dass er sich sogar wünscht von Christus verflucht und getrennt zu sein, wenn dadurch das Volk Israel gerettet werden würde. Diese Liebe hat Christus in ihm geweckt, welcher bereits tatsächlich vom Vater getrennt war, um so alle Menschen zu retten. Auch Mose hatte Gott angeboten, um der Sünde des Volkes willen aus dem Buch des Lebens ausgetilgt zu werden (vgl. Ex 32,31-33). Aber Gott nimmt nur die Lebenshingabe seines eigenen Sohns als legitimes Opfer an, denn nur er ist sündlos. Trotzdem kommt dadurch bei Paulus und Mose zum Ausdruck, was für eine große Liebe sie zu Gottes Volk haben.

Der Schmerz, den Paulus für das Volk Israel empfindet, hat auch damit zu tun, dass sie doch schon so viele Gaben von Gott erhalten haben. Man kann es mit einem Beispiel verdeutlichen: Man stelle sich ein Königreich mit verschiedenen Fürsten vor, denen jeweils ein Verwaltungsbezirk zugeteilt ist. Für den größten Verwaltungsbezirk wird ein fähiger Fürst gesucht. Und tatsächlich gibt es einen wunderbar geeigneten: Denn er wurde von Jugend an vom König persönlich gefördert – ihm ist viel Reichtum anvertraut, viel Weisheit und Verstand, Einsicht in Recht und Ordnung. So wird ihm das Fürstentum angeboten, in dem er in aller Freiheit herrschen soll – vorausgesetzt, er erkennt die Herrschaft des Königs an. Aber der fähigste Fürst lehnt ab. - So schreibt Paulus:

Sie sind Israeliten, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch. (V. 4-5)

So spricht Paulus von der großen Würde und Gnade, die Israel von Gott her zukommt. Wenn auch du durch die Gnade Gottes zu Christus gekommen bist, dann ist es deine Aufgabe, die Wahl Gottes und damit auch den Vorrang Israels anzuerkennen. Denn Jesus wurde zuerst zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt (Mt 15,24). Nur wer sich in diesem Sinne von Gott zurücksetzen lässt, kann auch gerettet werden. (Vgl. Mt 15,21ff)

Gebet: Allmächtiger Vater, ich danke dir für dein Volk Israel und die Würde, die du ihm durch deine Erwählung hast zukommen lassen. Danke, dass ich durch die Erwählung Israels ebenfalls zu deinem Reich dazukommen durfte. Ich bitte dich, öffne deinem Volk die Augen für die Erlösung in Christus, deinem Sohn. Bitte bereite allem Judenhass ein Ende. Bitte hilf mir, mich deinem Willen unterzuordnen. Amen.

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